Überstunden sind in deutschen Unternehmen Alltag – im vergangenen Jahr haben Arbeitnehmer etwa 1,67 Milliarden Überstunden geleistet. Die zusätzliche Arbeitszeit muss berechnet und vergütet oder in Freizeit abgegolten werden. Daher ist es erforderlich, Überstunden lückenlos zu erfassen und ihren finanziellen Gegenwert zu auszurechnen.
Wann gelten Arbeitsstunden als Überstunden?
Zusätzliche Arbeitsstunden fallen bei so gut wie jedem Arbeitnehmer an. Dabei ist jedoch zwischen Überstunden und Mehrarbeit zu unterscheiden. Hiernach richtet sich auch, wie und in welcher Form die zusätzliche Zeit vergütet oder ausgeglichen wird.
Überstunden sind die Arbeitsstunden, die über die im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegte Arbeitszeit hinaus geleistet werden. Wenn dort eine Arbeitszeit von 38 Stunden vorgesehen ist, sind alle darüber hinausgehenden Arbeitsstunden Überstunden. Überstunden können angeordnet werden oder mit Billigung des Vorgesetzten freiwillig erarbeitet werden. Diese Billigung kann auch im Nachhinein erfolgen, wenn der Vorgesetzte beispielsweise einen Stundenzettel unterzeichnet. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers schließt die Anordnung von Überstunden ein, wenn das Recht dazu vertraglich festgehalten wurde. Wenn eine solche vertraglich vereinbarte Überstundenregelung nicht vorhanden ist, besteht für Arbeitnehmer mit Ausnahme von Notfällen keine Pflicht zu Überstunden.
Der Abbau von Überstunden erfolgt durch finanzielle Vergütung oder Freizeitausgleich. Ein Rechtsanspruch auf die Bezahlung von Überstunden ist im deutschen Arbeitsrecht allerdings nicht vorgesehen. Ausschlaggebend dafür ist, ob im Arbeits- oder Tarifvertrag eine finanzielle Vergütung von Überstunden vereinbart worden ist. Zuschläge werden für Überstunden in der Regel nicht gezahlt, falls die vertragliche Überstundenregelung keine Vereinbarung hierzu enthält.
Mehrarbeit liegt dagegen bei Überschreitung der durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vorgeschriebenen Höchstarbeitszeiten vor. Sie definieren die zulässigen Grenzen für die Ausweitung der Arbeitszeit und liegen in der Regel deutlich höher als die vertraglich verarbeitete Arbeitszeit. Als ein Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer laut Arbeits- oder Tarifvertrag 38 Stunden pro Woche arbeiten soll, jedoch auf eine Wochenarbeitszeit von 45 Stunden kommt, sind die zusätzlichen sieben Stunden Überstunden, jedoch keine Mehrarbeit, da die gesetzlich zulässige Wochenarbeitszeit bei 48 Stunden liegt. Bei einer Arbeitszeit von 55 Stunden fallen neben den sieben Überstunden weitere sieben Stunden geleistete Mehrarbeit an. Mehrarbeit muss durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Unabhängig davon, ob sie bezahlt werden oder die Abgeltung in Form von Freizeit vorgenommen wird, muss das Unternehmen dafür einen Zuschlag zahlen. Die Höhe ist nicht gesetzlich festgelegt, in der Praxis hat sich jedoch ein Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 25 Prozent des Stundenlohnes durchgesetzt.
Überstunden und Mehrarbeit im Öffentlichen Dienst sind anders geregelt als in der Privatwirtschaft. Dort fallen laut dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) zuschlagpflichtige Überstunden an, wenn die zusätzliche Arbeitszeit angeordnet wurde und innerhalb der nächsten Kalenderwoche kein Freizeitausgleich erfolgen kann. Ausgenommen davon sind Plusstunden auf einem Gleitzeitkonto sowie für Arbeitszeitkorridore, Schichtarbeit oder eine tägliche Rahmenzeit, die jeweils voraussetzen, dass der Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto führt, um Überstunden sowie Plus- und Minusstunden aufzuzeichnen.
Wie werden Überstunden bei Auszahlung berechnet?
Wenn im Arbeitsvertrag oder durch tarifvertragliche Regelungen keine Vereinbarungen darüber getroffen wurden, dass ein Überstundenzuschlag zu zahlen sind, richtet sich die Vergütung der geleisteten Überstunden nach dem Einkommen des Arbeitnehmers.
Bei Mitarbeitern, die einen Stundenlohn erhalten, wird jede Überstunde nach dem jeweiligen Bruttostundenlohn bezahlt. Bei einem monatlichen Festgehalt muss dieser Stundenlohn dagegen ausgerechnet werden. Zur Berechnung des Stundenlohns wird das Bruttomonatsgehalt durch die Zahl der monatlichen Arbeitsstunden geteilt. Das Ergebnis dieser Rechnung ist der exakte Stundenlohn, der mit der Zahl der geleisteten Überstunden multipliziert wird. Die Monatsstundenzahl wird durch Multiplikation der Wochenstundenzahl mit dem Faktor 4,33 multipliziert.
Als ein Rechenbeispiel:
Das monatliche Bruttogehalt eines Arbeitnehmers beträgt 3.000 Euro. Sein Arbeitsvertrag sieht eine 38-Stunden-Woche vor, seine tägliche Arbeitszeit beträgt 7,6 Stunden. Im letzten Monat hat er 15 Überstunden geleistet.
Im ersten Schritt wird die Monatsstundenzahl berechnet:
38 Wochenstunden x 4,33 = 164,54 Monatsstunden
Anschließend wird der Bruttostundenlohn für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit ermittelt:
3000 Euro / 164,54 Monatsstunden = 18,32 Euro
Der Stundenlohn wird mit der Anzahl der Überstunden multipliziert, um den Überstundenlohn auszurechnen:
18,32 Euro x 15 Überstunden = 274, 80 Euro.
Der betreffende Arbeitnehmer hat für die 15 Überstunden somit einen Brutto-Überstundenlohn von 274,80 Euro erzielt. Falls für Überstunden in seinem Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag ein Überstundenzuschlag vorgesehen sind, geht es dabei in der Regel um einen bestimmten Prozentsatz des Bruttostundenlohns, der ebenfalls berechnet wird und zum Grundlohn für die Überstunden hinzuaddiert wird.
Wie wird Überzeit berechnet?
Überzeit im Sinne von angeordneter Mehrarbeit, also Arbeitsstunden, die über die gesetzlich vorgegebene Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinausgeht, wird nach dem gleichen Prinzip berechnet. Der 25-prozentige Zuschlag für Mehrarbeit muss hier auch dann errechnet und auf das monatliche Einkommen aufgeschlagen werden. Unabhängig davon ob die geleisteten Stunden finanziell vergütet oder in Freizeit abgegolten werden.
Wie hoch werden Überstunden besteuert?
Überstunden sind nicht steuerfrei, sondern gelten aus der Sicht des Finanzamts als regulärer Arbeitslohn. Das Gleiche gilt für Zuschläge für angeordnete Mehrarbeit. Da sich das Jahreseinkommen durch die Auszahlung von Überstunden und Mehrarbeitszuschlägen erhöht, steigt auch der persönliche Steuersatz.
Aus steuerlicher Sicht ist ein Freizeitausgleich von Überstunden für Arbeitnehmer oft vorteilhafter als eine finanzielle Vergütung, da ihre Steuerpflicht hiervon nicht beeinflusst wird. Bei einer Auszahlung von Überstunden und Zuschlägen für Mehrarbeit fällt außerdem ins Gewicht, dass dieses Einkommen in vollem Umfang sozialversicherungspflichtig ist.
Wie hoch ist die Steuer auf Überstunden?
Ausschlaggebend für die Höhe der Steuer auf Überstunden ist der persönliche Steuersatz, den ein Arbeitnehmer für sein Einkommen zu zahlen hat. Abzüglich von diversen Freibeträgen (beispielsweise Grundfreibetrag, pauschale Freibeträge für Sonderausgaben und Werbungskosten, Kinderfreibeträge) muss das persönliche Jahreseinkommen versteuert werden. Überstundenvergütungen und Zuschläge fließen in diese Summe in vollem Umfang ein.
Steuerliche Ausnahmen gelten, wenn es sich bei diesen Zahlungen nicht um eine Überstundenvergütung oder Zuschläge für Überstunden und angeordnete Mehrarbeit auf arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Grundlage handelt. Für Feiertags-, Wochenend- oder Nachtarbeit sind Steuerfreibeträge vorgesehen. Wenn damit außerdem Überstunden verbunden sind, kann eine Besteuerung ebenfalls zum Teil entfallen. Als Wochenendarbeit gilt allerdings nur Sonntagsarbeit – nach deutschem Arbeitsrecht ist der Sonnabend ein ganz normaler Werktag.
Die Steuerfreibeträge für Feiertags-, Wochenend- und Nachtarbeit (inklusive Überstundenvergütungen) im Überblick:
- Nachtarbeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr: 25 Prozent
- Nachtarbeit zwischen 0 und 4 Uhr: 40 Prozent
- Sonntagsarbeit von 0 bis 24 Uhr: 50 Prozent
- Arbeit an gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr (am 31. Dezember ab 14 Uhr): 125 Prozent
- Arbeit am 24., 25. und 26. Dezember sowie am 01. Mai: 150 Prozent.
Wie rechnet man die Überstunden aus?
Bei dieser Frage geht es um die Erfassung von Überstunden oder Mehrarbeit. Um eine Auszahlung der Überstunden oder einen Freizeitausgleich vorzunehmen, muss der Arbeitgeber die zusätzlichen Arbeitsstunden erfassen, für jeden Mitarbeiter dokumentieren und gegebenenfalls die Vergütung dafür ausrechnen.
Die tägliche Arbeitszeit und damit auch die geleisteten Überstunden lassen sich in verschiedener Form erfassen:
- Auf individueller Basis durch Stundenzettel oder Excel-Tabellen und Abzeichnung durch den Vorgesetzten
- Durch eine zentralisierte Arbeitszeiterfassung mittels „Stechuhr)
- Durch digitale Zeiterfassungssysteme auf dem PC oder auf Mobilgeräten.
In den meisten Unternehmen werden heute digitale Zeiterfassungssysteme eingesetzt, um Überstunden automatisch zu erfassen. Die Arbeitszeiten der Mitarbeiter werden durch die Systeme direkt an die Lohnbuchhaltung übermittelt, wodurch Arbeitszeitverwaltung, Arbeitszeitplanung und Abrechnungsprozesse beträchtlich effektiver und vereinfacht werden.
Eine lückenlose Arbeitszeitdokumentation ist in Deutschland, mit Ausnahme von Mitarbeitern, die den Mindestlohn erhalten sowie in Branchen, die dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarzArbG) unterliegen, nicht gesetzlich vorgeschrieben. Für alle anderen Mitarbeiter und Branchen sieht das deutsche Arbeitsrecht bisher nur die Dokumentation von Überstunden vor. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Jahr 2019 zum Schutz von Arbeitnehmerrechten allerdings entschieden, dass Unternehmen künftig die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter vollständig dokumentieren müssen. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit oder Homeoffice lassen sich ohne lückenlose Arbeitszeiterfassung grundsätzlich nicht realisieren, falls sich das Unternehmen nicht für eine Vertrauensarbeitszeit entscheidet.
Wie hoch ist die Überstunden-Grenze?
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gibt vor, dass die Arbeitszeit pro Werktag im Verlauf von sechs Kalendermonaten im Schnitt nicht mehr als acht Stunden betragen darf. Dieser Regelung liegt eine Sechs-Tage-Woche zugrunde. Die zulässige Wochenarbeitszeit beläuft sich daher auf 48 Stunden. Der Gesetzgeber sieht vor, dass pro Arbeitstag zwei Überstunden zulässig sind, so dass, ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche, bis zu 60 Arbeitsstunden geleistet werden können. Wenn diese Grenze überschritten wird, besitzen Arbeitnehmer das Recht, angeordnete Überstunden ebenso wie Mehrarbeit zu verweigern. Unabhängig davon ist der Arbeitgeber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Bestimmungen zu Pausen und Ruhezeiten eingehalten werden.
Dauerhafte Überschreitungen der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden durch Bereitschaftsdienste oder Rufbereitschaft sind in systemrelevanten Branchen durch sogenannte Opt-out-Regelungen möglich. Ihre Anwendung erfordert die schriftliche Zustimmung der davon betroffenen Mitarbeiter.
Für bestimmte Mitarbeitergruppen, z.B. Schwangere, stillende Mütter und Minderjährige gilt ein Verbot von Überstunden. Für Jugendliche sind im Jugendarbeitsschutzgesetz (JarbSchG) jedoch Ausnahmen von dieser Regel vorgesehen. Schwerbehinderte entscheiden selbst, ob sie Überstunden leisten.
Die vertraglich verpflichtende Wochenarbeitszeit hängt in der Praxis von verschiedenen Faktoren ab. In Tarifverträgen, Haustarifverträgen einzelner Unternehmen und in individuellen Arbeitsverträgen werden zum Teil sehr unterschiedliche Wochenarbeitszeiten festgelegt. Hiervon hängt auch ab, ab wann zusätzliche Arbeitsstunden als Überstunden gelten und berechnet werden. Für die Berechnung angeordneter Mehrarbeit gilt dagegen einheitlich die Grenze der gesetzlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden.
Wie berechnet man die Überstunden in der Woche?
Überstunden fallen innerhalb eines Monats zu konkreten Zeiten an. Um sie für eine Woche zu ermitteln, reicht die Berechnung anhand der Monatsstundenzahl nicht aus. Wenn keine digitale Arbeitszeiterfassung existiert, müssen sie manuell den einzelnen Arbeitstagen zugerechnet und für die jeweilige Woche aufaddiert werden. Diese Berechnung ist insbesondere für die Abgrenzung von einfachen Überstunden und zuschlagpflichtiger Mehrarbeit von Bedeutung. Mit einem elektronischen Zeiterfassungssystem wird die Zuordnung von Überstunden zu einer Arbeitswoche automatisch vorgenommen.