Ob Selbständige, Freiberufler oder Freelancer: Immer mehr Menschen arbeiten ohne festen Arbeitgeber - und immer mehr Kleinunternehmen arbeiten ohne feste Mitarbeiter. Was ist Ihre Rolle in diesem neuen Öko-System der „Gig Economy“? Ob Sie Selbständig sind oder Freiberufler anstellen, etwas ist klar: Die traditionelle Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verändert sich. Sind Sie darauf vorbereitet?
Selbständig werden in der „Gig Economy“
Willkommen in der Gig Economy! Aufträge statt Festanstellung, Projekte statt Karrieren: Laut einer neuen Statistik sind 34% der US-Amerikanischen Arbeitskräfte selbständig, und bis 2020 soll diese Zahl auf 50% steigen. Das bedeutet, jede zweite Arbeitskraft steht nicht in einem festen Arbeitsverhältnis. Auch in Europa steigt die Zahl der freien Mitarbeiter stetig, und zwar um satte 82% seit 2000, so berichtet das European Forum of Independent Professionals (EFIP). Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Einerseits ist es in der herrschenden Wirtschaftslage schwierig, eine feste Anstellung zu finden; umgekehrt tun sich manche Unternehmen schwer, feste Arbeitsplätze zu schaffen oder zu halten. Manche geniessen die Freiheit, selber zu entscheiden, wann sie mit wem und wo arbeiten wollen. Für andere wiederum ist die freiberufliche Tätigkeit der ideale Weg, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen. Was auch immer der Grund: die traditionelle Beziehung von Angestellten und Arbeitgeber wandelt sich. Was bedeutet das für Sie?
Freelancer gesucht?
Als Kleinunternehmen ist die Arbeit mit freien Mitarbeitern oft der einfachste Weg, an qualifizierte Arbeitskräfte zu kommen, ohne die Verantwortung für eine Langzeitbeschäftigung übernehmen zu müssen. Vor allem junge Unternehmen, die weder die Sicherheit noch die Finanzen dazu haben, neue Stellen zu schaffen, tun gut daran, sich einen Pool an Freelancern zu suchen. Allerdings gilt es dabei einige Dinge zu beachten:
- Selbständige und Freiberufler sind keine billigen Arbeitskräfte. Im Gegenteil: oft ist der Stundenansatz von Freelancern höher als derjenige von festangestellten Mitarbeitern. Und das mit gutem Grund: Sie müssen selbst für alle Berufskosten, Infrastruktur, Versicherung und Steuern aufkommen. All die Dinge, an die Sie als Auftraggeber, nicht mehr denken müssen.
- Auch Freelancer müssen bezahlt werden – und zwar rechtzeitig. Tatsächlich spart man sich als freier Arbeitgeber allerlei Papierkram (siehe Punkt 1). Aber ganz ohne administrativen geht es auch nicht. Genau wie Sie als Auftraggeber von Ihren freien Mitarbeiter Zuverlässigkeit erwarten, müssen Sie die Rechnungen Ihrer selbständigen Arbeitnehmer rechtzeitig bezahlen. Auch hier gilt also: Achten Sie darauf, Ihr Budget und Ihre Ausgaben immer unter Kontrolle zu haben.
- Auch Selbständige lieben Teamwork. Besteht Ihre gesamte Belegschaft aus Freelancern? Dann fördern Sie unbedingt die Arbeit im virtuellen Team! Machen Sie regelmässige (virtuelle) Teamsitzungen, verlagern die Kommunikation auf einen Kanal, und Sie werden sehen: Die Arbeitsmoral und die Performance steigen. Mit dem richtigen Tool können Sie sogar die Arbeitszeit Ihrer Freelancer erfassen – und haben so die Kosten immer im Griff. Damit Sie keine Rechnung mehr überraschen kann.
- Auch freie Mitarbeiter können kündigen. Sogar viel schneller, als Sie denken. Eine hohe Fluktuationsrate ist nie gut für ein Unternehmen – das gilt auch in Bezug auf freie Mitarbeiter. Je länger die Zusammenarbeit, desto fruchtbarer wird sie. Damit das gelingt, sollten Sie auch mit den Freien in engem Kontakt stehen. Und falls das lockere Arbeitsverhältnis tatsächlich mal beendet werden sollte: Stellen Sie sicher, dass ein Wissenstransfer stattfindet. Zum Beispiel, indem Sie die Kommunikation clever archivieren.
- Freelancer arbeiten für wen sie wollen. Selbst Ihren grössten Konkurrenten. Wenn Sie die Vorzüge des lockeren, freien Arbeitsverhältnisses geniessen, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass Ihre freien Mitarbeiter die Freiheit ebenso geniessen. Ohne Vertrag können Sie im Handumdrehen einen neuen Arbeitgeber finden – selbst Ihren grössten Rivalen. Also: Behandeln Sie sie gut!
Sich selbständig machen – und es auch bleiben
Sie machen sich selbständig? Gratulation und willkommen im freien Arbeitsmarkt. Als Selbständiger geniessen Sie wohl viele Vorzüge, von denen normale Arbeitnehmer nur träumen. Dafür schultern Sie nun die ganze Verantwortung, die früher Ihr Arbeitgeber übernommen hat. Zu Ihrer regulären Tätigkeit kommen viele neue Aufgaben – und manche davon sind eher ernüchternd. Zum Beispiel:
- Steuern. Sie sind für Ihre eigenen Steuern verantwortlich. Alle. Das heisst, Sie müssen Einkommen, Ausgaben und Budgets immer im Auge behalten. Setzen Sie sich rechtzeitig mit Steuerfragen auseinander, um teure Nachzahlungen zu vermeiden. Sind Sie Mehrwertsteuerpflichtig? Und wissen Sie, zu welchen Steuerabzügen Sie berechtigt sind? Am besten wenden Sie sich an einen Profi – das lohnt sich!
- Versicherungen. Was geschieht, wenn Sie den Blinddarm entfernen müssen? Oder ein Irrer Sie auf dem Fussgängerstreifen anfährt? Egal wie gesund Sie sind und wie vorsichtig Sie sich in der Welt bewegen: Solche Dinge geschehen. Sind Sie darauf vorbereitet? Gesundheit, Unfall, Rechtsschutz und Altersvorsorge: Schieben Sie diese Dinge nicht unnötig vor sich her. Stellen Sie sich der Realität. Jetzt. Hier. Fragen Sie Kollegen, suchen Sie Interessengemeinschaften oder fragen Sie das Arbeitsamt um Hilfe. Wenn Sie es nicht tun, tut es niemand für Sie.
- Buchhaltung. Rechnungen senden, Einnahmen verfolgen und Ausgaben erfassen: Selbständige machen das alles selber. Beginnen Sie so schnell wie möglich mit einer professionellen Buchführung, Arbeitszeiterfassung und Projektmanagement Tools. Das spart Zeit und Nerven!
- Arbeitsumgebung. Sie schaffen Ihre eigene Arbeitsumgebung. Für die einen ist der Küchentisch die perfekte Arbeitsumgebung. Für die meisten ist das permanente Home Office jedoch eine Quelle der Frustration. Starbucks, Coworking Community oder die Bibliothek: Wo sie auch immer ist, die Arbeitsumgebung liegt in Ihrer Hand. Finden Sie heraus, wie Sie am besten Arbeiten, und dann: tun Sie es! Und vergessen Sie nicht, die Kosten zu budgetieren.
- Sie sind Ihr eigener Boss! Oder doch nicht? In Tat und Wahrheit haben Selbständige nämlich gleich mehrere Chefs: Die Kunden. Ihre Auftraggeber versorgen Sie mit Arbeit, und bezahlen Sie dafür. Es sei denn, Sie sind ein exzeptionelles Ausnahmetalent auf Ihrem Gebiet, bedeutet das, dass Sie auch als Freiberufler Auflagen zu erfüllen haben. Pünktlichkeit, Professionalität und Zuverlässigkeit sind nur einige davon. Und vergessen Sie nicht: Auch die Akquise liegt nun bei Ihnen. Seien Sie immer offen für neue Kunden, und bleiben Sie stets in Kontakt mit Ihren Lieblingsauftraggebern.
Freelancer sucht Auftrag - Auftrag sucht Freelancer!
Die freie Arbeitsbeziehung ähnelt ein bisschen der Partnersuche. Das erste Date mag als unverbindlicher One-Night-Stand enden. Oder es ist der Anfang für eine langfristige, nachhaltige Beziehung, von der beide Partner profitieren. Das selbständige Arbeitsleben ist vergleichbar mit einer offenen Beziehung: Man kann die verschiedenen Seiten seiner Selbst mit verschiedenen Auftraggebern ausleben. Geniessen Sie es, so lange Sie können! Denn, wer weiss, vielleicht finden Sie auf diesem Weg die berufliche Liebe Ihres Lebens… Was auch das Ziel dieser neuen, freien Arbeitsbeziehung ist, und auf welcher Seite Sie auch stehen: Möge sie erfüllt sein von Leidenschaft, Kreativität und gegenseitigem Respekt.
Herzlich, zistemo